Ein Besuch bei Jahn-Markl, Salzburgs ältestem Trachtenmodengeschäft, und es werden einem einige Unterschiede klar: Die zwischen Altausseer und alt aussehende Hosen etwa, und die zwischen Hosenträgern und Hoseneinträgern.

Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles schnell ändert. Wie schön, dass es auch manches gibt, das gleichbleibt. Die Qualität einer handgenähten Original Salzburger Lederhose von Jahn-Markl etwa. Die war schon 1408, als die Gerberei das erste Mal urkundlich erwähnt wurde, herausragend, und ist das auch heute, 611 Jahre später, noch. 1408 – eine Zahl, die man sich erst einmal genüsslich auf der Zunge zergehen lassen muss. Damals war Amerika noch nicht entdeckt und bei Stiegl wurde noch kein Bier gebraut.

 

Betritt man das Geschäft am Residenzplatz, wähnt man sich auch sofort in einer anderen Epoche. Die Zeit, sie scheint hier im besten Sinne des Wortes stehengeblieben zu sein. Hier gibt es keine grelle Neonbeleuchtung und keine Effekthascherei, sondern deckenhohe Regale mit Lederbekleidung, Stutzen und allerlei Zubehör. Hier gibt es auch nichts von der Stange, sondern ausschließlich pure Handarbeit. Während uns ein angenehmer Ledergeruch in die Nase steigt, erzählt Inhaberin Gabriele Jenner von Zeiten, als das Geschäft noch drüben in der Imbergstraße war und nicht nur ihre Vorfahren, sondern auch andere Gerber das Leder im Gersbach wuschen.

 

Am jetzigen Standort – da muss Inhaberin Gabriele Jenner kurz nachdenken – ist man auch schon wieder über 200 Jahre lang. Bis 1990 betrieb man sogar noch eine eigene Gerberei im Thumeggerbezirk. Doch als die Heimat Österreich die umliegenden Gründe kaufte, entschloss man sich zur Schließung. Wohnsiedlungen und Gerbereien vertrügen sich aufgrund der durchgehenden Arbeit und Lärmentwicklung nicht, sagt sie. Heute sind es einige Gerber am Land wie z.B. Kendlbacher in Werfen, die das Leder genau nach den Vorstellungen von Jenner vorbereiten. Zugeschnitten und mit Stickereien versehen wird es dann in der hauseigenen Werkstatt.

 

Schon für den Kaiser hat man die Hosen gemacht. Der kam eines Tages zur Überraschung der Arbeiter höchstpersönlich und unangemeldet in die Gerberei. „Könnt ihr mir nicht einmal eine Hose machen, die nicht so schön und neu ausschaut?“ Er war es leid geworden, sie vom eigenen Diener eintragen zu lassen. Natürlich konnte man. Das „Altschwarz“, eine spezielle Färbung, die aussieht, als wäre die Hose natürlich nachgedunkelt, wurde für ihn aus der Taufe gehoben. Gut für den Kaiser. Schlecht für den Hoseneinträger. Was er fortan trug und was aus ihm wurde, nachdem sein Job obsolet geworden war, ist nicht überliefert.

Überliefert, und zwar dank des dicken Kundenbuches, ist, dass es zahlreiche anderen prominente Hosenträger gibt. Max Reinhardt etwa wurde seine erste Gage bei den Salzburger Festspielen in Form einer Lederhose von Jahn-Markl ausbezahlt. Früher sei das nicht unüblich gewesen, erzählt Jenner. Vielen Künstlern seien das ganze oder zumindest Teile ihres Honorars in Hosen ausbezahlt worden. Weiche Währung, wenn man so will.

 

Das Buch ist ein außergewöhnliches Dokument Salzburger Geschichte: Von Marlene Dietrich bis Herbert von Karajan, von Königin Beatrix bis Sommerset Maugham hat sich darin der europäische Hochadel und das Who is Who der Kunst- und Kulturszene verewigt. Aus Dankbarkeit für die Qualität, vielleicht aber auch aus Erleichterung, denn so ein Lederhosenkauf bringt einige nicht einfache Entscheidungen mit sich: Etwa, ob es eine original Salzburger Hose oder eine Altausseer Hose sein soll. Erstere „muss spitze Leistln haben, weiß gestickt sein und rückwärst die Tellernaht aufweisen“, so Jenner. Darüber hinaus braucht sie kreuzweise Bänder am Schenkel und keine Knöpfe. Die Ausseer Hose hingegen ist nur mit runden Leistln und grüner Stickerei eine echte. „Auf keinen Fall“, so erläutert die Firmenchefin, „dürfen die Stilelemente gemischt werden.“ Von einer solchen „Mischhose“ rät sie ab. Dass man auf solch einen Rat hören soll, beweist eine Anekdote, die sie gern erzählt. Einer ihrer Kunden, der ausdrücklich und entgegen ihrem Rat eine Mischhose wollte, wurde am Ausseer Kirtag samt der Lederhose in den See geschmissen. Dort sieht man das, wohl auch nach entsprechendem Konsum durstlöschender Getränke, offenbar ein wenig eng.

Aber auch weitere Entscheidungen, etwa über die Art der Stickereien, stehen an. Ob Hand- oder Maschinenstickerei etwa. Will man es flach und günstig oder erhaben und eben ein bisschen teurer? Wer die Hose auch einmal mit T-Shirt kombinieren will, nimmt sie vielleicht ganz ohne Stickereien. Man könne sie auch nach und nach besticken lassen, freilich nur von Hand, so Jenner.

Aber nicht nur Lederhosen, auch die farblich passenden Stutzen, von selbstgestrickten teuren bis günstigen maschinengestrickten, bunte Patschen, Fell-Mokassins gibt es zu kaufen. Die Bandbreite ist enorm, was auch der berühmten Modedesignerin Vivien Westwood nicht verborgen, die erst neulich wieder im Geschäft vorbeischaute, um sich mit allerlei Wärmenden für den bevorstehenden Winter einzudecken.

Gabriele Jenner liebt ihren Job, das merkt man. Sie liebt es, die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, und sie liebt es, Geschichten von der alten Zeit zu erzählen. „Einen einzigen Nachteil gibt es an unserem Geschäft“, gesteht sie abschließend. Und der wäre? „Die Hosen halten ewig.“

FOTOS: ANDREAS KOLARIK / TEXT: MARKUS DEISENBERGER