Genuss wie gewohnt

Im Gasthof Goldgasse lässt sich der Winter in vollen Zügen genießen: Entweder bei klassischer österreichischer Küche mit dem gewissen Etwas oder besonderen Gerichten, die einen wohltuenden Schwerpunkt auf saisonale Naturprodukte legen. Beides ist schwer zu empfehlen.
Warum wir zum wiederholten Male im Gasthof Goldgasse zu Besuch sind, wo es doch so viele andere Adressen gibt, an denen gut gekocht wird? Ganz einfach. Es gibt in einer Stadt wie Salzburg zugegebenermaßen eine Fülle interessanter Lokale, an denen wir uns auch freudvoll abarbeiten. Aber wenn an einem Ort die Qualität wirklich herausragend ist, und es einem besonders schmeckt, kommt man auch gerne wieder. Das entspricht einer inneren Logik des Genusses. Im Gasthof Goldgasse ist es einfach die Mischung, die stimmt.
Zu den Klassikern der österreichischen Küche, für die das Gasthaus bekanntermaßen steht, gesellen sich je nach Jahreszeit einige saisonale Besonderheiten. Neben einem herrlich-klassischen Wiener Schnitzel vom Kalb mit Rahmgurkensalat und Petersilerdäpfeln etwa, einem Backhendel, das als Referenzpunkt aller Backhendel-Afficionados gelten sollte, oder „Gekochtem vom Simmentaler Weiderind“, das nach „Tafelspitzart“ zubereitet und wie schon zu Kaiser Franz Josephs Zeiten mit Cremespinat, Erdäpfelrösti, sowie Apfelkren und Schnittlauchsauce gereicht wird, gesellen sich kreative Höhepunkte, die Chefkoch Philippe Sommerperger zur Höchstform auflaufen lassen, und die es zu zelebrieren gilt. Im Gasthof Goldgasse also gibt es Klassisches und Besonderes, je nach Fasson.
Entenbrust und Bauernente
Wir haben uns wie immer für das Besondere entschieden. Und so macht heute eine geräucherte Entenbrust von der Metzgerei Fusch aus Grödig den Anfang. Fein aufgeschnitten wird sie mit einer Selleriecreme und Haselnuss-Vinaigrette gereicht. Zuerst glaubt man, die leichte Süße rühre vom Püree, aber nein, klärt uns Sommersperger auf. Kein leicht süßliches Pastinakken-, wie von uns vermutet, sondern ein Selleriepürree ist es. Die Süße kommt nicht vom gelblich-weißen Wurzelgemüse, sondern vom schwarzen, fermentierten Knoblauch, der zu einer leichten Creme verarbeitet wurde. Raffiniert.
Die Säure wiederum wird von eingelegten Hagebutten ins Spiel gebracht – auch das eher ungewöhnlich. Denn während man anderswo gern mit Hagebutten kocht, schaffen sie es hierzulande meist nur bis in den Tee oder die Marmelade. Allenfalls werden sie noch von Lausbuben zu Juckpulver verarbeitet. Welch eine Verschwendung. Wie sie hier, kombiniert mit einer Portweinfeige ein komplexes Aromenspiel zu entfachen weiß, ist schon besonders und unbedingt nachahmenswert. Aber bei aller Komplexität behält der leicht rauchige Geschmack der Ente die Oberhand, und genau so soll es auch sein. Das Produkt steht bei Sommerperger im Mittelpunkt. Immer.
Und um auf das einleitend Gesagte zurückzukommen: Wer Ente lieber deftiger mag, hat die Möglichkeit, statt der geräucherten Version auf einen Goldgassen-Klassiker zurückgreifen. Mit einer frisch zubereiteten Bauernente mit Rotkraut und barockem Semmelknödel, wie sie schon im legendären Conrad Hagger, einem der bedeutendsten und schönsten deutschsprachigen Kochbücher mit Rezepten aus der Hofküche Salzburgs aus dem Jahr 1718 beschrieben wurde, kann man wahrlich nichts falsch machen. Einmal pro Monat findet sich auf der Karte des Gasthauses Goldgasse ein neues barockes Gericht wie dieses aus dem berühmten Kochbuch, von dem sich ein Exemplar sich in einem aufgehängten Schaukasten im Restaurant befindet.
Schulter, geschmort und gezupft
Doch weiter in der Speisenfolge. Sommerperger legt nach, und zwar zweierlei vom wilden Gebirgsschaf, auch Mufflon genannt: Ein schön rosa gebratener Rücken in Pinienkernkruste hat auf einer geschmorten Schulter Platz genommen. Ein wenig sieht die Schulter aus wie Pulled Pork, sie ist nur ungleich zarter. Ganze 24 Stunden wurde sie geschmort, dann gezupft, in eine viereckige Form gepresst und wieder ausgestochen. Dazu gibt es Kohlsprossen, deren innerer Kern kurz blanchiert und samt den rohen Blättern in Nussbutter „a la minute“ geschwenkt wurden, um knackig-nussig-buttrig auf den Tisch zu kommen. Weitere Begleiter: Kürbis, der ganz einfach geviertelt, mit groben Meersalz bestreut, und (wirklich gutem) Olivenöl beträufelt in den Ofen geschoben wurde, um dort zwei Stunden bei niedriger Hitze zu schmoren. Eine Pastinakken-Creme, die wir bereits beim erste Gericht vermuteten, und schwarze Nüsse, das sind unreife, ganze Walnüsse, die süß- aromatisch eingelegt werden, um zu fermentieren. Dünn geschnitten passen sie perfekt zum kräftigen Geschmack des Mufflons. Nachdem die Schulter gezupft wurde, kommt noch mal reduzierter Bratensaft dazu, was den zarten Schmelz des Fleisches optimal umschmeichelt. So einfach, so gut.
Dabei kommt der Höhepunkt erst: Ein Wildschweinrücken, als Crépinette gereicht, was bundesdeutsch gern als „Netzwürstchen“ übersetzt wird. Das Wild wird dafür behutsam in Wirsing und Schweinenetz eingewickelt eine Weile im eigenen Saft geschmort. Dazu gibt es Griesstrudel, der angebraten wird, damit er schön knusprig wird, Maroni im Ganzen und als Creme, Sellerie als Creme, aber auch ausgestochen und „sous vide“ gegart, sowie – jetzt kommt´s – ein barockes Blunzentascherl, das aus dem Hagger Conrad entlehnt sich als Beilage schon in so manche Speise im Gasthaus Goldgasse geschlichen hat. Und zwar zu Recht. Die warme Blutwurst, vom knusprigen Teig umhüllt, allein rechtfertigt jede Wiederkehr, so hoch ist der damit einhergehende Suchtfaktor.
Für unseren nächsten Besuch heben wir und das nach einem Rezept aus dem Hagger Conrad zubereitete Gamsgulasch auf, dessentwegen schon einmal Leute auch aus dem Bayerischen kommen, erzählt Sommersperger, so weit hat sich seine Einzigartigkeit schon herumgesprochen. Dazu gibt es Brezenknödel, und – je nachdem, was gerade in entsprechenden Qualität verfügbar ist- Steinpilze oder Kräuterseitlinge. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs waren es Steinpilze von herausragendem Geschmack, so wurde uns vom Nachbartisch versichert.
Für die Nachspeise vertrauen wir dieses Mal zwei Klassikern: Einmal den Salzburger Nockerln, die herrlich luftig und leicht den Tisch erreichen, und schließlich den Palatschinken, die ebendort vor unseren leuchtenden Augen flambiert werden. So lässt sich die kalte Jahreszeit in vollen Zügen bei züngelnder Flamme genießen. Wir jedenfalls kommen wieder. Blunzentascherl und Brezenknödel nehmt euch in acht.
Gasthof Goldgasse
Goldgasse 10
Tel. 0662 84 82 00
Öffnungszeiten: täglich von 7.00 – 23.00 Uhr (warme Küche bis 22.00 Uhr)
FOTOS: ANDREAS KOLARIK / TEXT: MARKUS DEISENBERGER
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