Interview mit Verena Altenberger

Heimspiel
Die Salzburgerin Verena Altenberger ist die neue Buhlschaft. Mit vision.salzburg sprach die Ausnahmeschauspielerin über Natur, den Wandel der Zeit und ihre Liebe zum Erforschen.
Frau Altenberger, Sie haben Kommunikationswissenschaften studiert, sich dann aber entschlossen, Schauspielerin zu werden. Wie kam das?
Ich wollte eigentlich schon immer Schauspielerin werden. Nach der Matura, mit achtzehn Jahren, habe ich am Max-Reinhardt-Seminar vorgesprochen, und das hat nicht geklappt. Daraufhin hab´ ich meine Mutter angerufen und gesagt: »Die haben mich nicht genommen, was mach ich denn jetzt?« Sie meinte: »Du fährst zur Uni Wien.« Und sie hat dann zuhause am Computer nachgeschaut, was die für Studienzweige haben und hat gesagt: »Ich plädiere für Publizistik, das wird dir gefallen«. Und es hat mir ja auch gefallen, aber nicht gut genug, um meinen Lebenstraum aufzugeben. Dann habe ich das erneut versucht mit der Schauspielerei, und im Endeffekt hat das auch geklappt.
Sie sind im Salzburger Land geboren und aufgewachsen. Ihre Mutter war Direktorin einer Landwirtschaftsschule. Wie hat Sie das geprägt, auch im Umgang mit der Natur?
Meine Mutter war Direktorin der Landwirtschaftlichen Fachschule Winklhof in Oberalm, und in dieser Funktion hatte sie eben auch den Bauernhof dort. Am Winklhof war ich zwar erst in meinen Jugendjahren, aber auch davor war Natur bei uns ein Riesenthema. Es macht für mich schon einen großen Unterschied zu wissen, wo Lebensmittel herkommen, sowohl fleischliche als auch pflanzliche. Wie gearbeitet wird, auch was Natur kann und macht, und wie wichtig sie ist, und wie schwierig es für LandwirtInnen ist, wenn sie wirklich nachhaltig und biologisch arbeiten wollen. Und auch welche Kraft und Ruhe man durch die Natur hat.
Von Kraft und Ruhe zum hektischen Alltag. Sie schaffen den Spagat zwischen Film, Fernsehen und Bühne, von leichteren bis zu emotional schwereren Rollen mühelos, wie es scheint. Aber jede Rolle wirkt bei Ihnen sehr intensiv, im besten Sinne. Wie gelingt Ihnen das?
Das ist ein total schönes Kompliment. Danke. Ich glaube, das sind mehrere Faktoren. Das Erste ist, dass ich immer nur Sachen zugesagt habe, mit denen ich mich auch beschäftige, die mich wirklich interessieren. Und wenn man etwas tut, das man liebt, dann fällt es ja auch viel leichter. Der Hauptgrund, warum ich diesen Beruf so sehr liebe ist, dass er mir die Möglichkeit gibt, so viel von der Welt kennenzulernen, und das meine ich nicht in Distanzen sondern eher in Höhen und Tiefen. Es geht mir nicht darum, durch die Welt zu jetten, sondern darum, dass ich so viele Lebensentwürfe kennenlernen kann, so viele Tiefen, die es überhaupt im Menschsein gibt. Mein Beruf gibt mir die Möglichkeit, genau das zu erforschen, und das tue ich eben so wahnsinnig gerne. Ich wäre auch blöd, wenn ich es nicht täte. Denn genau das ist es, was mich so anmacht an meinem Beruf.
Thema Buhlschaft. Es hat ja schon viele Modernisierungen gegeben beim Jedermann und bei der Figur der Buhlschaft. Ist diese Rolle trotzdem nicht immer noch eine Reduzierung auf das Klischee eines Frauenbilds, ist sie noch zeitgemäß? Gerade in Zeiten von #metoo?
Es kommt immer auf die Interpretation der Inszenierung an. Wenn man jetzt nur nach dem Text geht, ist da nichts Diskriminierendes drin. Da sind Momente, und ich formuliere das jetzt sehr salopp, wo die Buhlschaft sagt: »Bis hier und nicht weiter.« Sie zieht Grenzen, und Grenzen zu ziehen ist ein ganz großes Thema in der #metoo-Debatte beispielsweise. Dann gibt es einen Moment, wo der Jedermann zu ihr sagt, auch wieder sehr salopp ausgedrückt: »Du bist doch käuflich. Mir kommt vor du bist käuflich«. Und sie steht auf und sagt: »Im Ernst jetzt? Willst du noch einmal darüber nachdenken, was du gerade gesagt hast?« Ich weiß nicht, wo da die Diskriminierung im Text stehen sollte. Man sollte das dann auch weniger einer speziellen Inszenierung vorwerfen, sondern eher der Gesellschaft. Gerade an hundert Jahren Jedermann kann man sehr schön den Wandel der Zeit, auch den Wandel der Frauen- und Männerwelt in unserer Gesellschaft ablesen. Falls es so rüberkommt, wie Sie sagen, glaube ich, dass das dann nicht ein Regie- oder Schauspielerversagen ist, sondern dass es sehr klar zeigt, dass wir vielleicht noch nicht da sind, wo wir sein sollten oder wo wir alle denken zu sein.
Jetzt hat die Buhlschaft ja nicht sehr viel Text. Warum, denken Sie, wurde das so geschrieben?
Wenn ich es jetzt heutig beantworten müsste, und was anderes kann ich nicht tun: Männer schreiben sehr oft gut über Männer, und Frauen schreiben sehr oft sehr gut über Frauen. Also gut im Sinne von einfühlend, interessant, durchschauend, durchleuchtend. Ich möchte das auch nicht total pauschalisieren, aber rein meine Erfahrungswerte zeigen mir schon, dass Frauen durchaus auch interessantere Drehbücher für Frauen schreiben und das generell immer noch viel zu wenig. Und warum hat er das so geschrieben? Weil er ein Mann war?
Ist die Buhlschaft so etwas wie eine Antithese zum Altern und Sterben? Jedermann nähert sich ja immer mehr dem Tod an, die Buhlschaft geht aber vom Jedermann eher weg und will leben.
Das ist eine interessante These. Ich habe aber nicht das Gefühl, wie ich den Jedermann bisher gelesen habe, dass der Jedermann gerne alt wird und stirbt. Weder Buhlschaft noch Jedermann altern und sterben gerne. Der eine muss es nur früher tun als die andere.
Es ist ja eine spannende Kombination mit Ihnen und Lars Eidinger. Worauf dürfen wir uns denn beim diesjährigen Jedermann freuen?
Viel kann ich Ihnen noch nicht sagen, aber sowohl Lars als auch ich sind Allin-SchauspielerInnen, und sind sehr offen für alles, was da kommen wird. Wir sind aber beide auch überzeugt genug vom Stück. Wir beide denken, das Stück ist gut und interessant, und trotzdem sind wir offen dafür, was wir dann damit machen können.
Wieviel können Sie generell in Ihre Rollen einbringen?
Ich bin eine Schauspielerin, die gerne mitredet und mitgestaltet, auch über meine Kernarbeit hinaus. Und das darf ich mittlerweile auch sehr viel, es ist mir wichtig und ich genieße das. Wobei ich denke, dass die Kernarbeit der Schauspielerin generell neu definiert werden könnte, weil man wird nun einmal durch die Beschäftigung mit einer Rolle zur Expertin einer Rolle. Und ich finde Experten sollten gehört werden. Bei den Festspielen stelle ich mich auf einen eher klassischeren Weg ein, weil wir auch nicht die Zeit haben, dass wir jetzt basisdemokratisch das Stück noch einmal auseinanderpflücken. Es ist ja auch noch ein bisschen ein Hybrid aus einer Neuinszenierung und einer Wiederaufnahme. Ich werde natürlich alles mitbringen, was ich bin und was ich habe. Es hat die Besetzung an sich ja auch eine Aussagekraft. Und es ist für mich eine große Ehre, nicht nur die Rolle spielen zu dürfen, sondern auch mit dieser Rolle zur Aussagekraft beizutragen.
Haben Sie schon Reaktionen aus der Salzburger Bevölkerung als zukünftige »neue Buhlschaft« bekommen?
Ich habe ganz ehrlich das Gefühl, dass ich sehr herzlich aufgenommen werde. Ich war ja noch gar nicht oft vor Ort und es ist noch Pandemie, also ist es ja nicht so, dass man im Wirtshaus sitzt und mitkriegt, was geredet wird. Aber in den sozialen Medien oder generell in den Medien habe ich das Gefühl, dass sich ganz offen für mich und mit mir gefreut wird. Ich finde das total schön.
Wenn ich Ihnen eine Traumrolle anbieten könnte, welche wäre das?
Vor einem halben Jahr hätte ich gesagt: Die Buhlschaft. Und das geht jetzt in Erfüllung. Das heißt, jetzt lebe ich erst einmal ganz intensiv die Erfüllung des Traums und dann denke ich über die neuen Träume nach.
Vielen Dank für das Gespräch.
TEXT: BERNHARD OSTERTAG/ FOTOS: WILDBILD
Social