Zur Ruhe kommen

Weihnachten, das ist nicht nur Geschenke kaufen, und Punsch trinken. Weihnachten, das sind doch auch die leisen, poetischen Momente, die uns daran erinnern, was Weihnachten sein kann, wenn wir es zulassen.
Vier prominente SalzburgerInnen verraten uns Rituale, die sie in der Weihnachtszeit zur Ruhe kommen lassen.
„Rituale, die man beibehält“
Elisabeth Resmann, Geschäftsführerin Domquartier
Am Weihnachtsabend, wenn es dunkel wird, so gegen sechs Uhr, bin ich jedes auf dem Friedhof St. Peter. Von Kindesbeinen an haben meine Eltern und ich das als Beginn unserer Zeremonie so gemacht – eine Tradition, die ich beibehalten habe. Bei dieser einsetzenden Stille auf die Katakomben zu schauen und dabei den Turmbläsern beim Spielen zuzuhören beschert mir auch heute noch eine Gänsehaut. Zuhause las mein Vater dann immer aus dem Lukasevangelium, ich spielte am Klavier Weihnachtslieder, und alle sangen wir dazu. Auch das ist ähnlich geblieben: Mein Vater liest immer noch aus dem Evangelium. Heute spielt meine Tochter Geige und ich begleite sie.
Viele fragen mich immer wieder: „Was? Du musstest als Kind zu Weihnachten Klavier spielen? Ja, mochtest Du denn das?“ Ich antworte darauf immer: „Die Frage hat sich mir nie gestellt. Es war einfach so, und es war schön so.“ Bei diesen Ritualen kommt man zu sich. Genau deshalb sind sie mir wichtig. Die Turmbläser kommen auch zu uns ins Domquartier auf die Terrasse. Jedes Jahr ist das ein Highlight für mich. Da schließt sich ein Kreis.
„Dankbar zurückschauen und lachen“
Fritz Egger, Schauspieler und Kabarettist
„Für mich bedeutet Weihnachten, Familie und Freunde zu treffen und dankbar zu sein, wie gut es uns geht. Aber zu Weihnachten arbeite ich auch: Heuer genau vor zehn Jahren haben wir begonnen, Weihnachts-Kabarett zu spielen. Das ist insofern lustig, als wir das im Oval im Europark machen („Christbaum zerKugeln“, am 27. und 28.12.) und genau das, was dort passiert, nämlich den Kaufrausch und die Weihnachtsverfälschung, auf die Schaufel nehmen. Die Leute kommen, lassen sich einen Spiegel vorhalten und lachen über sich selbst. Das ist die purste Form von Kabarett, finde ich, und es ist für mich zu einer Art Weihnachtsfeier der anderen Art geworden, die Berufliches und Privates – man trifft dort auch viele Freunde – aufs Angenehmste verbindet. Selbst bin ich unheimlich gern beim Weihnachtsmarkt in St. Leonhard. Dort gibt es einen Stand mit eingelegten Tomaten, Oliven, Knoblauch und Chutneys. Da werde dann ich zum Shopping-Monster. Aber der Erlös kommt – das ist das Schöne daran – der Lebenshilfe und somit einem guten Zweck zugute.“
„Suche nach Ruhe und Leben“
Elisabeth Fuchs, Chefdirigentin der Philharmonie Salzburg, künstlerische Leiterin der Kinderfestspiele
Einer meiner Fixpunkte in der Weihnachtszeit ist das Anfang Dezember in der Stiftung Mozarteum aufgeführte Mozart Requiem. Das ist für mich sehr besinnlich, ohne kitschig zu sein. Früher wurde es in der Franziskaner Kirche, meiner Lieblingskirche, aufgeführt.
Ich bin dem heiligen Franziskus ja sehr verbunden, habe über ihn zum Glauben gefunden.
Seit es nicht mehr dort aufgeführt wird, gehe ich halt einfach so in meine Lieblingskirche, genieße die Ruhe dort, und zünde mit meinen Kindern gemeinsam die eine oder andere Kerze für alle jene an, die wir ins Gebet schließen.
Es ist die Suche nach der Ruhe, aber genauso will ich das Leben haben. Auch Adventmärkte genieße ich, am liebsten am vierten Adventwochenende, wenn man dort nicht mehr geschoben wird. Gemütlich einen Glühwein trinken und dazu eine Ofenkartoffel essen – das ist für mich Weihnachten. Mit meinen Kindern geh ich auch gern zum Adventsingen. Einerseits interessiert mich, was produziert wird. Die Volksmusik hat in Salzburg einen starken Stellenwert. Andererseits will ich, dass meine Kinder mal was anderes hören als Mozart. Und einmal besuche ich eine Vorstellung bei den Dialogen. Dass die Zuckerstadt Salzburg mit ihren Adventmärkten auch einen zeitgenössischen Touch hat, sinnlich, aber Up to Date, das schätze ich sehr.
„Tief empfundene Menschlichkeit“
Andreas Gfrerer, Hotelier (Blaue Gans) und Obmann des Tourismusverbands Salzburger Altstadt
Für mich gehört es zur Weihnachtszeit dazu, Rückschau zu halten und zu analysieren, was im ablaufenden Jahr gelungen und was nicht so gelungen ist. Welche Höhen, Tiefen und Entwicklungen es gab und wie sich die Ergebnisse im Vergleich zu den Erwartungen präsentieren. Für diese innere Feedbackschleife braucht es Zeit und Muße. Genau deshalb achte ich in dieser Zeit auf Ruhephasen und Ruhetage, auch weil ich gemerkt habe, dass es für meine Mitarbeiter besser ist, wenn die Weihnachtszeit nicht durchgängig so intensiv dahinfetzt. Es braucht Zeit, für mich jedenfalls, um darüber nachzudenken, was uns die Radikalität dieser Geburt, ganz abgesehen vom Religiösen, überhaupt sagen will. Was ist es, was in meinem Leben bald „auf die Welt kommen“ mag?
Weihnachten hat für mich aber auch viel mit Kindheit zu tun. Manchmal vermisse ich dieses kindliche Weihnachten in der Erwachsenenwelt. Vielleicht deshalb gehe ich jedes Jahr zum Winterfest, als eine Art neues Ritual. Ich kann mit erstarrten Weihnachtstraditionen nicht so viel anfangen. Aber die poetischen Momente beim Winterfest zu erleben ist für mich zu einer neuen weihnachtlichen Tradition geworden. Ich schätze die Geschichten, die da erzählt werden und die oftmals das Anliegen einer tief empfundenen Menschlichkeit transportieren.
FOTOS: ANDREAS KOLARIK, ERIKA MAYER, ANDREAS SCHÖNHERR, EVA MRAZEK, ANDY PHILLIPSON, MARTIN BOEHM, TOURISMUSVERBAND GRÖDIG
TEXT: MARKUS DEISENBERGER
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